Grundsteuerreform
Grundsteuerreform 2021
„Die durch die Anwendung des veralteten Einheitswerts entstehenden Wertverzerrungen waren für das Bundesverfassungsgericht nicht mehr hinnehmbar. Dass für gleichartige Grundstücke unterschiedliche Grundsteuern anfallen, verstößt gegen das im Grundgesetz verankerte Gebot der Gleichbehandlung. Es erklärte deshalb die Vorschriften zur Einheitsbewertung für die Bemessung der Grundsteuer für verfassungswidrig.“
Ablauf:
Grundbesitzer erhalten nach einer Hauptfeststellung zum einen den Feststellungsbescheid vom Finanzamt.
Einige Daten zur Neuberechnung kennt das Finanzamt bereits bzw. werden diesem automatisch übermittelt. Andere Daten erhält das Finanzamt durch die „Erklärung zur Feststellung der Grundsteuerwerte“, die der Steuerpflichtige zum Zeitpunkt einer Hauptfeststellung abgeben muss.
Die elektronisch abzugebenden Feststellungserklärungen können ab 1. Juli 2022 über die Steuer-Onlineplattform ELSTER eingereicht werden. Die Abgabefrist läuft nach derzeitigem Stand bis zum 31. Oktober 2022.
Unterschiedliche Modelle bei der Grundsteuerberechnung
Bundesmodell, Flächenmodell, Bundesmodell mit Abweichungen
1. Bundesmodell (Sachsen Berechnung wie Bundesmodell)
Erste Unterscheidung
Einfamilienhaus, Zweifamilienhaus, Mietwohngrundstück, Geschäftsgrundstück und einem unbebauten Grundstück zu verstehen ist.
An dem bisherigen dreistufigen Verfahren zur Ermittlung der Grundsteuer ändert sich durch die Grundsteuerreform eigentlich nichts. Die einzelnen Stufen im Überblick:
- Stufe 1: Die Finanzämter bewerten die Grundstücke durch Berechnen des Grundsteuerwerts.
siehe nachfolgende Berechnung
Achtung: in Sachsen gelten folgende Steuermesszahlen (deswegen Abweichung vom Bundesmodell)
Ein- und Zweifamilienwohnhäuser 0,36 ‰, für andere 0,72 ‰
- Stufe 3: Die jeweilige Kommune wendet ihren Hebesatz
Beispiel Stadt Plauen
Es gilt grundsätzlich die Grundsteuer (B)
Ermittlung der Grundsteuer von Einfamilienhäuser, Zweifamilienwohnhäuser sowie Mietwohngrundstücken
Berechnung des Ertragswertes
Das Ertragswertverfahren im Überblick
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jährlicher Rohertrag
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§ 254 BewG, Anlage 39
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./.
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nicht umlagefähige Bewirtschaftungskosten
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§ 255 BewG, Anlage 40
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=
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jährlicher Reinertrag
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§ 253 Abs. 1 BewG
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×
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Vervielfältiger
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§§ 253 Abs. 2, 256 BewG, Anlagen 37, 38
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=
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kapitalisierter Reinertrag
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§§ 252, 253 BewG
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+
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abgezinster Bodenwert
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§ 257 BewG, Anlage 41
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=
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Grundsteuerwert
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§ 252 BewG
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Schritt 1 Ermittlung des Rohertrags
Wahl des Bundeslandes: aus:
Wahl des Baujahres
In den Fragebögen des Finanzamtes „Anlage zur Feststellung des Grundsteuerwertes“ wird nach einer Kernsanierung gefragt. Eine Kernsanierung liegt vor:
„Durch eine Kernsanierung wird das Gebäude in einen Zustand versetzt, der nahezu einem neuen Gebäude entspricht. Dazu wird das Gebäude zunächst bis auf die tragende Substanz zurückgebaut. Decken, Außenwände, tragende Innenwände und ggf. der Dachstuhl bleiben dabei in der Regel erhalten; ggf. sind diese zu ertüchtigen und/oder instand zu setzen. Voraussetzungen für das Vorliegen einer Kernsanierung sind insbesondere die komplette Erneuerung der Dacheindeckung, der Fassade, der Innen- und Außenwände mit Ausnahme der tragenden Wände, der Fußböden, der Fenster, der Innen- und Außentüren sowie sämtlicher technischen Systeme wie z.B. der Heizung einschließlich aller Leitungen, des Abwassersystems einschließlich der Grundleitungen, der elektrischen Leitungen und der Wasserversorgungsleitungen, sofern diese technisch einwandfrei und als neubauähnlich und neuwertig zu betrachten sind. Im Einzelfall müssen nicht alle der vorgenannten Kriterien erfüllt sein. Unter diesen Voraussetzungen ist als Baujahr das Jahr der fachgerechten Sanierung zugrunde zu legen.
Die wenigsten Gebäude werden kernsaniert! Bei der Erhebung der Grundsteuer werden dementsprechend Gebäude, die sich in einem „guten, sanierten“ Zustand befinden, Gebäude ohne Sanierung gleichgestellt!
Wahl der Mietstufen
abgerufen werden:
Plauen und Vogtlandkreis liegen in der Mietstufe 1;
Miete in Plauen = (Baujahr < 1948) > 100 m² = 5,15 €/m² abzgl. 20 % 5,09 €/m²
jährlicher Rohertrag = Wohnfläche x Mietfaktor x 12
Wahl der Bewirtschaftungskosten
Wahl des Liegenschaftszinses und somit des Vervielfältigers
Beispiel Einfamilienhaus Plauen = Liegenschaftszins 2,5 %
Baujahr des Gebäudes 1974
Wohnfläche 130 m²
Grundstücksgröße 900 m²
Nutzungsdauer Einfamilienhäuser 80 Jahre
Bewertungsjahr 2022
Alter des Gebäude 48 Jahre
Restnutzungsdauer 32 Jahre
Vervielfältiger = 21,85
Das Ertragswertverfahren für das Beispiel
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jährlicher Rohertrag
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./.
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nicht umlagefähige Bewirtschaftungskosten
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=
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jährlicher Reinertrag
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×
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Vervielfältiger
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=
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kapitalisierter Reinertrag
|
|
+
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abgezinster Bodenwert
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=
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Grundsteuerwert
|
|
Rohertrag Miete = 5,52 (Baujahr 74 / Größe 130 m²) x 0,8 (Mietstufe 1 – 20 %) = 4,42 €/m²
Rohertrag = 130 m² x 4,42 €/m² = 574,08 € x 12 = 6.888,96 €
abzgl. Bewirtschaftungskosten = 25 % (Einfamilienhaus Nutzungsdauer 20 – 39 Jahre) 1.722,24 €
= Reinertrag (Rohertrag – Bewirtschaftungskosten) 5.166,72 €
x Vervielfältiger (Liegenschaftszins 2,5 % Restnutzungsdauer 32 Jahre) = 21,85
kapitalisierter Reinertrag = 21,85 x 5.166,72 € = 112.892,83 €
Ermittlung des Bodenwertes
Grundlage ist der vom Gutachterausschuss ermittelte Bodenrichtwert.
Anpassung des Bodenrichtwertes nur bei unterschiedlichen Grundstücksgrößen. Andere Abweichungen des Bewertungsgrundstückes vom Richtwertgrundstück werden nicht vorgenommen!
Beispiele aus unserer Region
(Plauen und Vogtlandkreis)
Beispiel Bodenrichtwerte in Plauen. Im Geoportal Vogtlandkreis https://geoportal.vogtlandkreis.de findet man für den gesamten Bereich den jeweiligen Bodenrichtwert kostenfrei. Der Richtwertbereich (siehe oben) wird meist genau definiert (Grundstückstiefe, Geschossflächenzahl usw.)
Beispiel:
Bewertungsgrundstück
Einfamilienhaus Restnutzungsdauer 32 Jahre
Grundstücksgröße 900 m²
Bodenrichtwert 58 €/m²
Koeffizient = 0,86 (Grundstücksgröße 900 m²)
Bodenrichtwert 58 €/m² x 0,86 = 49,88 €/m²
Abgezinst: Liegenschaftszins 2,5 % Restnutzungsdauer 32 Jahre = 0,4538
Bodenwert= Grundstücksgröße 900 m² x Bodenwert 49,88 € = 44.892 €
Abzinsung = 44.892 € x 0,4538 = 20.371,98 €
Beispielrechnung
kapitalisierter Reinertrag = 21,85 x 5.166,72 € = 112.892,83 €
+ abgezinster Bodenwert = 20.371,98 €
Grundsteuerwert 133.264,81 €
- 133.200,00 €
x Steuermesszahl Einfamilienwohnhaus x 0,36 / 1.000 = 47,95 €
x Hebesatz Plauen 505 /100 208,52 €
Grundsteuer für das Einfamilienhaus in Plauen 242,15 € im Jahr
Ermittlung von Geschäftsgrundstücken
Sachwertverfahren
1) Ermittlung Normalherstellungskosten
Tabellenwert nach Baujahr und Art des Gebäudes
2) Ermittlung der Bruttogrundfläche
Für die Anwendung der Normalherstellungskosten (NHK) sind im Rahmen der Ermittlung der BGF nur die Grundflächen der Bereiche a und b zugrunde zu legen. Balkone, auch wenn sie überdeckt sind, sind dem Bereich c zuzuordnen.
2. Baupreisindex
3. Alterswertminderung
Gebäudenormalherstellungswert x Alter des Gebäudes =Alterswertminderung
wirtschaftliche Gesamtnutzungsdauer
Achtung der nach Abzug der Alterswertminderung verbleibende Gebäudesachwert ist für die weitere Berechnung des Grundsteuerwertes mit mindestens 30 % der Gebäudenormalherstellungskosten anzusetzen
Beispiel: Verwaltungsgebäude Baujahr 1973
wirtschaftliche Gesamtnutzungsdauer 60 Jahre
Gebäudenormalherstellungswert 12.000.000 €
Berechnung Jahr 2019
Gebäudealter = 2019 – 1974 = 45 Jahre
Alterswertminderung: 12.000.000 45/60 = 9.200.000 €
^ Gebäudesachwert = 12.000.000 € – 9.200.000 € = 2.800.000 €
Mindestwert = 12.000.000 € x 30 % = 3.600.000 €
Gebäudesachwert = 3.600.000 €
4. Bodenwert siehe Bodenrichtwert Ertragswertverfahren
5. Wertzahlen
2. Flächenmodell (Bayern)
Bayern setzt auf ein reines Flächenmodell. Die bayerische Grundsteuer wird künftig nur noch anhand der Fläche des Grundstücks und der Fläche des Gebäudes sowie der Immobiliennutzung berechnet. Der Wert des Grundstücks und der Immobilien, die Lage, das Alter oder der Zustand des Gebäudes spielen bei Berechnung der Grundsteuer für bayerische Grundstücke keine Rolle mehr.
Die bayerische Grundsteuer berechnet sich nach festen sogenannten Äquivalenzzahlen. Diese betragen
- für das Grundstück 0,04 Euro/Quadratmeter,
- für Gebäude 0,50 Euro/Quadratmeter.
Für Wohnnutzung ist ein Abschlag von bis zu 30 Prozent möglich. Denkmalgeschützte Gebäude, der soziale Wohnbau und besondere Grundstücke haben Sonderregelungen. Dieser Messbetrag wird dann mit dem individuellen Hebesatz der Kommune multipliziert, in deren Grenzen sich das Grundstück oder die Immobilie befindet. Die Höhe des Hebesatzes legen die Kommunen weiterhin selbst fest. Der Hebesatz der Kommune bestimmt als Prozentsatz am Ende der Berechnung die tatsächliche Höhe der zu zahlenden Grundsteuer.
Beispiel
Familie Meier bewohnt ein Eigenheim in Passau.
Grundstücksfläche 900 m²
Wohnfläche 130 m².
Grundsteuer- 900 m² x 0,04 Euro/m² = 36,00 €
+ 130 m² x 0,50 Euro/m² x 0,7 für Wohnnutzung = 45,50 €
= Grundsteuermessbetrag = 81,50 €
x Hebesatz Passau (390 %- nehmen wir an 505 %, wie in Plauen) =229,78 €
nach dem Bundesmodell (Sachsen) gerechnet 242,15 € (siehe Beispiel oben)